Für die Frage, wie Rechte aus grenzüberschreitenden Beziehungen gerichtlich durchgesetzt werden können, ist zuerst zu bestimmen, welches Gericht hierfür zuständig ist. Maßgebend im Bereich der Zivil- und Handelssachen ist insoweit die EuGVVO, als der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der EU hat (seit 2007 gilt die EuGVVO auch für Dänemark). Die Regelungen der EuGVVO verdrängen im Rahmen ihres Anwendungsbereichs nationales Recht.
Ausschlaggebend für die Zuständigkeit ist in der Regel der Wohnsitz des Beklagten (Art. 2 Abs. 1).
Besonders relevant ist im Rahmen der Verordnung der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1. Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem solchen den Verfahrensgegenstand, so besteht ein besonderer (Wahl-) Gerichtsstand beim Gericht des Erfüllungsortes (Ort, an dem die Vertragsleistung erfüllt wurde oder zu erfüllen gewesen wäre).
Zu der Frage, welcher von mehreren Lieferorten der maßgebliche ist hat der EuGH 2007 festgelegt, das derjenige entscheidend ist, an dem die engste Verknüpfung zwischen Vertrag und zuständigem Gericht besteht. Ähnliches hat der EuGH 2009 im Bereich der Dienstleistungserbringung festgestellt.
2010 wurde vom EuGH entschieden, dass Werklieferungsverträge Kaufverträgen über bewegliche Sachen entsprechen und daher unter Art. 5 Nr. 1 lit. b fallen.
Aktuell ist auch die Entscheidung des EuGH im Fall des international tätigen Handelsvertreters. Hier hat sich der EuGH den Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 1 lit. b mangels anderer klarer Erfüllungsorte auf den Sitz des Handelsvertreters festgelegt.
Weitere besondere Gerichtsstände sind in den folgenden Ziffern des Art. 5 geregelt. So ergibt sich z.B. im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs wegen einer unerlaubten Handlung ein weiterer Gerichtsstand dort, wo das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht (Nr. 3).
Bei Unterhaltssachen kann sich der Unterhaltsberechtigte an die Gerichte seines eigenen Wohnsitzstaates wenden, soweit dieser Vertragsstaat ist (Nr. 2).
Im Rahmen von Verbrauchersachen wird durch Art. 15 Abs. 2 der Verordnung der räumliche und persönliche Anwendungsbereich ausgeweitet, wenn der Beklagte zwar keinen Sitz, aber eine Niederlassung in einem Mitgliedsstaat hat. In Art. 15 Abs. 1 wird der Begriff Verbrauchersache legal definiert. Umfasst sind in sachlicher Hinsicht sämtliche gewerbliche Tätigkeiten. Darüber hinaus muss ein Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer vorliegen. Ferner verlangt Art. 15, dass es sich um eine Streitigkeit aus einer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung handelt.
Auch ausschließliche Gerichtsstände sind in der EuGVVO festgelegt. Diese sind in Art. 22 aufgezählt. So ist z.B. bei der Geltendmachung von dinglichen Rechten an unbeweglichen Sachen das Gericht des Mitgliedstaates zuständig, in dem die Sache belegen ist.
Ferner ist das Vereinbaren eines gemeinsamen Gerichtsstandes möglich, wenn mindestens eine Vertragspartei ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat (Art. 23) Das jeweilige Gericht ist durch eine solche Vereinbarung ausschließlich zuständig.
Für die EFTA – Staaten (Island, Norwegen, Schweiz) gilt das sog. Lugano – Abkommen. Diesem sind nach dessen Revision 2010 auch die Tschechische Republik, die Slowakei, Slowenien, Ungarn, Malta, Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Rumänien und Zypern beigetreten.
Entscheidend für die Zuständigkeit ist auch hier in der Regel der Wohnsitz des Beklagten. Allerdings enthält das Übereinkommen eine Reihe von Ausnahmen, nach denen auch in einem anderen Vertragsstaat als dem des Wohnsitzes des Beklagten ein Verfahren angestrengt werden kann. Diese entsprechen im Wesentlichen denen der EuGVVO.
So ist bei der Erfüllung von Verträgen vor dem zuständigen Gericht des Landes zu verhandeln, in dem der Erfüllungsort liegt. Bei Unterhaltssachen kann sich der Unterhaltsberechtigte an die Gerichte seines eigenen Wohnsitzstaates wenden, soweit dieser Vertragsstaat ist. Bei Schadensersatzklagen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem das schädigende Ereignis stattgefunden hat. Im Rahmen bestimmter Vertragsverhältnisse wird eine Partei besonders geschützt, so dass bei Verbraucher- und Versicherungsverträgen die schwächere Partei nur in ihrem Wohnstaat verklagt werden kann. Die stärkere Partei kann hingegen auch in dem Staat verklagt werden in der die schwächere Partei ihren Wohnsitz hat. Diese besonderen Zuständigkeiten eröffnen eine zusätzliche Wahlmöglichkeit, die neben den Grundsatz des Wohnsitzes des Beklagten tritt.
Es gibt allerdings, wie in der EuGVVO auch abweichende, ausschließliche Zuständigkeiten. So sind bei dinglichen Rechten an unbeweglichen Rechten, sowie deren Miete und Pacht, nur die Gerichte zuständig, in dem die Sache belegen ist. Bei Klagen bezüglich eintragungsbedürftige Rechten wie Patente oder Warenzeichen ist das Gericht zuständig, in dessen Land das Recht eingetragen ist.
Grundsätzlich besteht auch im Rahmen des Luganer Abkommen die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen, die Zuständigkeit eines vertragsstaatlichen Gerichts durch vertragliche Vereinbarung zu begründen. Dieses Gericht wird durch eine solche Vereinbarung ausschließlich zuständig. Ferner wird ein Gericht zuständig, wenn der Beklagte sich auf das Verfahren vor einem Gericht einlässt, auch wenn das Gericht normalerweise nicht zuständig ist. Hält der Beklagte ein Gericht für unzuständig, muss er es als unzuständig ablehnen und darf nicht in der Sache verhandeln. Auch hier gibt es allerdings bestimmte Ausnahmen.
Hat der Beklagte hingegen seinen Wohnsitz außerhalb der EU und des Geltungsbereichs des Luganer Abkommens, richtet sich die Zuständigkeit nach dem einzelstaatlichen Prozessrecht. Im Rahmen der Haager Konferenz über Internationales Privatrecht wird derzeit über eine weltweite Übereinkunft über die gerichtliche Zuständigkeit und ausländische Urteile in Zivil- und Handelssachen verhandelt.